Mobilitätsmanagement ist ein effizienter Hebel bei der Veränderung von Mobilität und kann mit wenig Aufwand sehr erfolgreich sein, weil es die Nachfrage nach bestimmten Verkehrsleistungen beeinflusst.
Durch Information, Beratung und bessere Koordination werden die Verkehrsteilnehmer zur Veränderung ihrer Mobilität motiviert.
Grundlage unserer Definition ist der strukturelle Ansatz des Mobilitätsmanagementkonzepts der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV 1995). Dieser Ansatz verbindet Information, Beratung und Öffentlichkeitsarbeit (weiche Maßnahmen) mit dem Angebot von Infrastruktur sowie Bau- und Planungsrecht (harte Maßnahmen). Eine aktuelle Arbeitsgruppe bei der FGSV definiert Mobilitätsmanagement folgendermaßen:
Mobilitätsmanagement ist der systematische Ansatz zur Entwicklung, Förderung und Vermarktung von verkehrsmittelübergreifenden Angeboten und zur Beeinflussung verkehrserzeugender Faktoren. Ziel ist es, den Personenverkehr nachhaltiger zu gestalten und gleichzeitig Mobilität zu sichern. Dies kann auf kommunaler Ebene sowie für ausgewählte Zielgruppen (Schulen, Senioren etc.) und Standorte (Betriebe) erfolgen. Den Kommunen kommt eine Schlüsselrolle zu, im Rahmen eines Mobilitätskonzeptes lokale Akteure zu motivieren und zusammen mit Partnern attraktive Alternativen zur Auto(allein-)nutzung zu entwickeln. Die Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung sind Interdisziplinarität, frühzeitige Beteiligungsverfahren und politisches Marketing (Vgl. VRS 2015).
Auf europäische Ebene wird Mobilitätsmanagement wie folgt definiert: „Mobilitätsmanagement (MM) ist ein Konzept zur Förderung des nachhaltigen Verkehrs und zur Verringerung der Autonutzungs-Nachfrage, und zwar durch die Veränderung von Einstellungen und Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer. Das Mobilitätsmanagement basiert auf „sanften“ Maßnahmen, wie Information, Kommunikation, Organisation von Services sowie Koordination der Aktivitäten verschiedener Partner. „Sanfte“ Maßnahmen bewirken meist eine Effizienzsteigerung von „harten“ Infrastruktur-Maßnahmen im urbanen Bereich (wie neue Straßenbahnlinien, Straßen und Radwege). Diese MM-Maßnahmen erfordern (im Gegensatz zu harten“ Infrastruktur-Maßnahmen) keine umfangreichen finanziellen Investitionen und können einen hohen Kosten-Nutzen-Faktor aufweisen“ (EPOMM – European Platform on Mobility Management (o. J.).
In diesem Konzept werden die Chancen und Maßnahmen des Kommunalen und des betrieblichen Mobilitätsmanagements differenziert betrachtet.
Kommunales Mobilitätsmanagement
In den verschiedensten Ämtern und Hierarchieebenen der Kommunalverwaltung und der politischen Gremien spielen Mobilitäts- und Verkehrsfragen eine Rolle, und hier werden auch den „Mobilitätsmarkt“ beeinflussende Entscheidungen getroffen. Die teilweise parallel laufenden Elemente sollten im Sinne eines integrierten kommunalen Mobilitätsmanagements zusammengeführt werden. Es geht letztendlich um das Gestalten, Lenken und Entwickeln eines Angebots zur Befriedigung der Mobilitätsbedürfnisse. Es ist Aufgabe der Kommunalverwaltung, diesen Prozess nach innen und außen federführend zu initiieren und zu organisieren. Die folgende Abbildung stellt die einzelnen Handlungsfelder dar.
Mögliche Handlungsfelder des kommunalen Mobilitätsmanagements
In der Ratsperiode bis 2019 soll die Stadt Köln ein kommunales Mobilitätsmanagement in ihrer Verwaltung aufbauen und langfristig verankern.
Zu Beginn stehen die verwaltungsinterne Strukturierung ressortübergreifender Kommunikations- und Abstimmungsprozesse sowie die externe, interkommunale und interinstitutionelle Vernetzung. Eine wichtige Voraussetzung für ein erfolgreiches Mobilitätsmanagement ist die Koordination und Kooperation der planungs- und umsetzungsrelevanten Akteure bzw. der Handlungsfelder.
Mobilitätsmanagement ist eine kommunale Querschnittsaufgabe. Diese Koordination braucht eine personelle Zuständigkeit. Die Stadt Köln soll deshalb einen bzw. mehrere Mobilitätsmanager einstellen / benennen, die die Aufgabe haben, die Gesamtkoordination des kommunalen Mobilitätsmanagements zu übernehmen.
Die Aufgaben im Einzelnen:
- Koordinierung des verwaltungsinternen Prozesses über die Fachabteilungen hinweg. Wichtig ist hier jedoch, dass die Federführung der einzelnen Fachbereiche erhalten bleibt.
- Organisation der Kommunikation zwischen den betroffenen Fachbereichen (projektbezogen)
- Initiierung von Mobilitätsmanagementvorhaben
Im Folgenden muss als konkrete Maßnahme die Aufstellung eines Mobilitätsplans erfolgen (siehe unten).
Ein entscheidender Ansatz für die Umsetzung eines kommunalen Mobilitätsmanagements ist die Aufstellung eines strategischen Zielpapiers in Form eines Mobilitätsplans. Das übergeordnete Konzept wird manchmal auch „Masterplan Mobilität“, VEP 2.0“ oder Sustainable Urban Mobility Plan“ genannt.
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Die Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen e. V. (FGSV) hat Ende 2013 die neuen „Hinweise zur Verkehrsentwicklungsplanung“ veröffentlichen. Nach den „Hinweisen“ ist eine einheitliche strategische Ausrichtung und Abstimmung der kommunalen Planwerke mit Relevanz für Mobilität und Verkehr zielführend. Das erfordert die Koordination und Integration von Zielen, Leitlinien und Analysen. Insbesondere gilt es, Mobilität und Erreichbarkeiten mit möglichst geringem Verkehrsaufwand und mit geringen Verkehrsbeeinträchtigungen zu sichern und zu verbessern.
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Diese inhaltliche und strategische Ausrichtung der Verkehrsentwicklungspläne entspricht den Empfehlungen der Europäischen Kommission. Sie empfiehlt eine stärkere Orientierung der Planung an einer nachhaltigen Entwicklung der städtischen Mobilität. Sie empfiehlt „nachhaltige urbane Mobilitätspläne“ (SUMP –Sustainable Urban Mobility Plans) als zielorientierte integrierte Verkehrsentwicklungspläne.
Beide Ansätze gehen über einen klassischen (Fach-)Plan in der kommunalen Praxis hinaus, weil sie nicht nur für Verwaltung und Aufgabenträger bindend sind, sondern auch Bürgerschaft, Verkehrserzeuger und Mobilitätsdienstleister einbeziehen. Die Hinweise empfehlen, zielorientierte integrierte Verkehrsentwicklungspläne aufzustellen, die als Prozess mit Rückkopplungsschleifen erarbeitet werden. Entsprechend stark tritt der Prozesscharakter mit der Einbeziehung wichtiger lokaler Akteure und Meinungsführer für einen Konsens zur Erreichung einer nachhaltigen Mobilität in den Vordergrund.
Betriebliches Mobilitätsmanagment
Das betriebliche Mobilitätsmanagement koordiniert die bewusste Gestaltung der Rahmenbedingungen jeglicher – durch den Betrieb ausgelöster – Mobilität der MitarbeiterInnen, KundInnen und Lieferanten . Zu den Rahmenbedingungen gehören:
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ddas Angebot eines optimalen Mobilitätsmixes, das auf die Mobilitätsbedürfnisse des Betriebs zugeschnitten ist und zum einen aus einer individuell passenden Mischung 2-4-rädriger Individualverkehrsmittel unterschiedlicher Art, Größe und Motorisierung (vom Fahrrad bis zum Pkw) in jeweils bedarfsgerechter Besitz- und Zuordnungsform (persönlich zugeordnet bis zu Sharing-Angeboten) besteht, und zum anderen aus den öffentlich zugänglichen Verkehrsmitteln vom Taxi über ÖPNV und Bahn bis zum Flugzeug.
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die Ausgestaltung der Prozesse. so dass sie zum einen effizient ablaufen und zum anderen das gewünschte Mobilitätsverhalten, sprich die Nutzung des optimalen Mobilitätsmixes, fördern. Auf keinen Fall darf die Nutzung der vom Unternehmen gewünschten Verkehrsmittel für alle Beteiligten aufwändiger sein als die der herkömmlichen, denn dann würden sie nicht genutzt. Richtlinien können die Lenkungswirkung der Prozesse unterstützen, selten führen sie jedoch ohne eine synchrone Prozessgestaltung zum gewünschten Verhalten, sondern fordern stattdessen zur Umgehung oder Vermeidung auf.
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die Nutzung von Software zur effizienten Unterstützung der Prozesse sowie zur Generierung von Controllingdaten zur laufenden Weiterentwicklung des Mobilitätssystems. Effizienz äußert sich sowohl in einer einfachen und schnellen Bedienung als auch in optimalen Ergebnissen der damit verbundenen Verkehrsmittelwahl.
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die bewusste Abwägung durch den Mobilitätsmanager, ob externe Mobilitätsdienstleistungen genutzt werden oder eigene Mobilitätsressourcen, um den Aufwand für ein effizientes Mobilitätsmanagement im Betrieb so gering wie möglich zu halten.
- die bewusste Gestaltung eines begleitenden Change-Managements, basierend auf einem homogenen Anreizsystem, einem Kommunikationskonzept und der Vermittlung von Mobilitäts-Knowhow. Ziel ist, die MitarbeiterInnen zur Nutzung eines optimalen Mobilitätsmix zu motivieren und zu befähigen.
Durch die integrierte Gestaltung von Fuhrpark, Geschäftsreisen und dem täglichen Arbeitsweg der MitarbeiterInnen wird das Ziel verfolgt, die Mobilität effizienter, umwelt- und sozialverträglicher, gesünder und attraktiver zu gestalten:
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Senkung der Kosten für die betriebliche Mobilität der Stadtverwaltung und für die Mitarbeiter
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Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber besonders für junge Mitarbeiter
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Unterstützung des betrieblichen Gesundheitsmanagements
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Verringerung des Schadstoffausstoßes
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Verringerung des Volumens des fließenden und stehenden Verkehrs
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Schaffung eines Vorbild für die Umsetzung eines betrieblichen Mobilitätsmanagements bei Eigenbetrieben und weiteren Unternehmen in der Stadt Köln
In vergleichbaren Projekten konnten bis zu 30% Kosten und CO2-Ersparnis ermittelt werden.
Konkrete Maßnahmen
Die Stadtverwaltung führt ein eigenes erfolgreiches System zum betrieblichen Mobilitätsmanagement in der Verwaltung ein und ist somit Vorbild und Leuchtturm für die Unternehmen in der Stadt Köln.
Durch die Erstellung einer Potenzialanalyse zu den möglichen Einsparungen von Kosten und CO2-Ausstoß im Bereich der dienstlichen Mobilität und Mobilität der Mitarbeiter auf dem Arbeitsweg der Stadtverwaltung Köln können Potenziale aufgezeigt werden, die im Rahmen der Eigenoptimierung, sowie in Kooperation mit Eigenbetrieben bzw. eigenbetriebsähnlichen Unternehmen möglich sind.
Inhalte der Potenzialanalyse:
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Pooling von Fahrzeugen
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Nutzung von Privatfahrzeugen und Fahrrädern für dienstliche Fahrten
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Kooperation in der Fahrzeugnutzung mit Eigenbetrieben bzw. eigenbetriebsähnlichen Unternehmen. und Betrieben
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Prozesse in der Fahrzeugbeschaffung und Fahrzeugbewirtschaftung
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Prozesse und Wahl des Verkehrsmittels bei Dienstreisen
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Dispositionsprozesse in mobilitätsintensiven Kernaufgaben
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Nutzung von Telefon- und Webkonferenztechnik
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Mobilitätscontrolling
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Change Management Maßnahmen
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Parkraumbewirtschaftung
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Mobilität der Mitarbeiter auf dem Arbeitsweg
- Wechselwirkungen zwischen dienstlichem und privatem Mobilitätsverhalten
Erstellung und Umsetzung eines übergreifenden Mobilitätskonzepts mit Maßnahmenplan und Umsetzungsstrategie. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass sich die Optimierungsmaßnahmen in der Anfangsphase weitestgehend aus sich selbst heraus ohne nennenswerten Bedarf von Haushaltsmitteln finanzieren lassen.
Verantwortlich für die Umsetzung:
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Stadt Köln
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Dezernat I – Allgemeine Verwaltung, Ordnung und Recht
- Federführung: Amt für Personal, Organisation und Innovation
Die Stadt und die IHK initiieren Informations-und Beratungsveranstaltungen für Unternehmen und führen Unternehmen zusammen (z. B. Gewerbegebiete).
Diese Maßnahme steht in Verbindung mit der Maßnahme Mobilitätsfond (siehe Erläuterung folgendes Kapitel).
Verantwortlich für die Umsetzung:
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Stadt Köln
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Dezernat III – Wirtschaft und Liegenschaften
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Amt für Wirtschaftsförderung
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Dezernat V – Soziales, Integration und Umwelt
- Koordinationsstelle Klimaschutz
Die Stadt initiiert einen Mobilitätsfond für die Beratung und die Umsetzung von Maßnahmen im Bereich des betrieblichen Mobilitätsmanagements, von dem die BürgerInnen partizipieren können. Unternehmen erhalten Mittel aus dem Fond, um Maßnahmen im Rahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements zu initiieren. Die Refinanzierung des Fonds erfolgt über die Rückzahlung der Förderung durch die Unternehmen, die wiederum über Einsparung bei den Unternehmen finanziert werden.
Die Stadt kann bei Neubauten und der Erweiterungen von Standorten die Anzahl der vorgeschriebenen Kfz-Stellplätze reduzieren, wenn Komplementärmaßnahmen aus dem Bereich des betrieblichen Mobilitätsmanagements durch das Unternehmen dauerhaft implementiert werden.
§ 51 BauO NRW – Stellplätze und Garagen, Abstellplätze für Fahrräder
(1) Bei der Errichtung von baulichen Anlagen und anderen Anlagen, bei denen ein Zu- und Abgangsverkehr zu erwarten ist, müssen Stellplätze oder Garagen hergestellt werden, wenn und soweit unter Berücksichtigung der örtlichen Verkehrsverhältnisse und des öffentlichen Personenverkehrs zu erwarten ist, dass der Zu- und Abgangsverkehr mittels Kraftfahrzeug erfolgt …
Absatz 1 (§ 51) lässt die Interpretation zu, dass erwartet werden kann, dass durch geeignet Maßnahmen des betrieblichen Mobilitätsmanagements der Zu- und Abgangsverkehr nicht mittels Kraftfahrzeug erfolgt und somit weniger Stellplätze und Garagen herzustellen sind.
Verantwortlich für die Umsetzung:
Dezernat VI – Stadtentwicklung, Planen, Bauen und Verkehr
Das Berufsfeld des Mobilitätsmanagers ist weitesgehend noch nicht bekannt und doch bräuchte jede Schule, jede Kommune, jedes Unternehmen mindestens eine beauftragte und finanzierte (mit Ressourcen ausgestattete) Person, die sich um das Mobilitätsmanagement, deren Koordinierung und die jeweiligen Mobilitätsbedürfnisse der Menschen kümmert: den / die MobilitätsmanagerIn!
(Inter-)nationale Vorbilder
Bei einer innerstädtischen Erweiterungsmaßnahme mussten statt der nachzuweisenden 154 Stellplätze nur 110 eingerichtet werden. Die 44 restlichen Stellplätze, von denen jeder ca. 18.000 EUR gekostet hätte, brauchten nicht gebaut zu werden. Möglich wurde das durch die schriftliche Erklärung von 59 Mitarbeitern, ausschließlich das vom Arbeitgeber aufgelegte Job-Ticket-Angebot zu nutzen. So ergab sich eine deutliche finanzielle Einsparung für das Unternehmen, aber auch ein wirtschaftlicher Vorteil für die Arbeitnehmer (kostenfreies Job-Ticket, ersparte Fahrzeugkosten).