Fußverkehr & Gestaltung öffentlicher Raum

Ein Fußweg ist ressouZufussrcen­-, energie­- und platzsparend und Gehen ist zudem gesund. Der Fußverkehr wird daher heute vor allem in Innenstädten und auf kurzen Strecken priorisiert. Er verursacht keine Kosten sondern ein volks­ wirtschaftliches Plus. Der Einzelhandel und die lokale Gastronomie verdienen vor allem dort gut, wo viele zu Fuß Gehende unterwegs sind.

Definition Fußverkehr
Jeder Mensch ist täglich als Zu Fuß Gehende unterwegs. Mit fast jedem Weg ist
ein Fußweg verbunden. Zu Fuß zu gehen, ist ressourcen-, energie- und platzsparend
– und zudem gesund. Auch erfordert der Fußverkehr die geringsten Instandhaltungskosten für Bauträger, da ein zu Fuß Gehender die Flächen kaum abnutzt. Mittelständischer Einzelhandel und die lokale Gastronomie haben gute Entwicklungschancen, wo viele Zu Fuß Gehende unterwegs sind. In Innenstädten und auf kurzen Wegen ist der Fußverkehr aus diesen Gründen das wichtigste Verkehrsmittel. Dennoch hat der zu Fuß Gehende keine einflussreiche Lobby in seinem Rücken und wird in der Verkehrsplanung sträflich vernachlässigt.

Fußwege unterscheiden sich nach Situation, Wegemotiv, Interessenlage oder gesellschaftlicher Prioritätensetzung und müssen laut städtebaulichem Bericht des Deutschen Bundestags von 2004 ”Maßstab für die Gestaltung der Wege und Plätze […] sein“ (Deutscher Bundestag 2004: 7). Gehwege werden von allen sozialen Schichten, von Gesunden und Mobilitätseingeschränkten, von sportlichen und unsportlichen, jungen und alten Menschen genutzt. Auch diejenigen, die nicht oder nur eingeschränkt gehen können, benutzen mittels Rollstuhl oder einer Gehhilfe Gehwege und sind auf deren Funktionsfähigkeit angewiesen. Die Anforderungen an Gehwege sind daher heterogen. Die Eigenschaften der zu Fuß Gehenden, wie z.B. deren Alter, deren Konstitution oder die Belastung durch Gepäck, bestimmen die Anforderungen an die zurückzulegende Strecke.
Faktoren für das Zufußgehen sind zudem Verkehrszweck und Wegelänge, Witterung und Klima sowie die Tageszeit. Auch kann und sollten Gehwege mehr sein als bloße Verkehrsflächen. Sie dienen nicht nur dem schnellen Vorankommen, sondern auch dem Verweilen, dem Austausch mit anderen und als Spielstätte für Kinder. Die Funktion eines Gehweges ist im besten Sinne multimodal.
Gehen und Verweilen beinhaltet die intensivste und unmittelbarste Raumerfahrung, da sie nicht in abschirmenden Beförderungsmitteln wie Autos oder öffentlichen Verkehrsmitteln stattfinden. Der zu Fuß Gehende nimmt den Raum unmittelbar und mit allen Sinnen wahr. Je reizvoller ein Weg ist, desto eher wird er genommen. So wirkt sich die Qualität des Gehwegs darauf aus, wie oft er benutzt wird.
Definition Öffentlicher Raum
Bei der Mobilitätsplanung geht es um die Gestaltung, die Aufteilung und die Nutzung des öffentlichen Raums, also all dessen, was nicht Privateigentümern gehört. Speziell um den Raum, in dem Verkehr (Auto, Fahrrad, Zu Fuß Gehende, ÖPNV) stattfinden. Der öffentliche Raum sollte mehr darstellen als nur eine Verkehrsfläche. Jedoch sind viele Plätze und Räume der Innenstadt und in den Veedeln nur eindimensional nutzbar. Es sind zumeist Durchgangsflächen. Der öffentliche Raum wird innerhalb der Stadt oftmals stark durch den Motorisierten Individualverkehr (MIV) belastet. So wurden die repräsentativen Neustadtplätze (Barbarossaplatz, Ebertplatz, Rudolfplatz) den Bedürfnissen des MIVs angepasst und haben völlig ihre ursprüngliche Aufenthaltsqualität verloren. Viele kleine innerstädtische Plätze oder Brachen werden als Autoparkplätze genutzt oder zum Abstellen von Müllcontainern missbraucht. Durch die Verlagerung der Prioritäten können zahlreiche lebensfreundliche Orte geschaffen werden, an denen sich Menschen gerne aufhalten.
Langfristige Ziele im Fußverkehr

Ein Gehweg sollte vielen Anforderungen seiner unterschiedlichen Nutzer genü­gen. Laut Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (Empfehlung für Fußverkehrsanlagen (EFA) 2002) sollen diese:

  • umwegfreie Verbindungen bieten,
  • die Vernetzung mit anderen Verkehrsmitteln, v. a. dem öffentlichen Verkehr schaffen,
  • Fortbewegung ohne übermäßige körperliche Anstrengungen mit genügend
    Bewegungsfreiheit gewährleisten,
  • so beschaffen sein, dass keine Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern
    entstehen,
  • Verkehrssicherheit bieten (Vision Zero (Weitere Infos unter z. B.: http://www.dekra-vision-zero.com/)) und subjektive Ängste vermindern,
  • ein angenehmes Gehen durch ansprechend gestaltete Wege gestatten,
  • soweit möglich Witterungsschutz bieten und
  • eine gute Orientierung bieten.
Ob ein Fußweg diese Kriterien erfüllt, kann sehr pragmatisch an dem Zustand der Wege erkannt werden. Sind etwa Trampelpfade entstanden, so wurden zu Fuß Gehenden unnötige Umwege aufgezwungen, die die Mehrzahl nicht befolgt haben (z. B. vor der Severinsbrücke auf Deutzer Seite). Ein Gehweg sollte Zu Fuß Gehenden vorbehalten bleiben, gemischte Geh- und Radwege werden beiden Verkehrsformen nicht gerecht und führen zur Gefährdung der schwächeren Verkehrsteilnehmenden. Subjektive Ängste werden durch z. B. Unterführungen und Tunnel geschaffen. Dies sind zumeist Überbleibsel der autogerechten Stadt (Vorherrschendes Paradigma Stadtplanung der 60er / 70er und an den vermeintlichen oder tatsächlichen Bedürfnissen des MIV orientiert)(beispielsweise Ebertplatz). Querungen müssen oberirdisch und ebenerdig angelegt werden.

Ausreichend breite Wege sind unerlässlich, um den verschiedenen Bedürfnissen der Nutzung gerecht zu werden, vom Spielraum bis hin zum schnellen Gehen. Raum für zu Fuß Gehende und verminderte Geschwindigkeit der stärkeren Verkehrsteilnehmenden (Auto / Fahrrad) sowie übersichtlich gestaltete Kreuzun­gen erhöhen die Sicherheit für zu Fuß Gehende. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Gehweg stets frei ist. Insbesondere sollten Kampagnen allen die Wich­tigkeit von Gehwegen klarmachen. Außerdem ist es notwendig, falsch geparkte Autos abzuschleppen.

Konkrete Maßnahmen

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Es muss etwas passieren, um bessere Rahmenbedingungen für den Fußverkehr und die Wahrnehmung des Öffentlichen Raums zu bekommen. Es folgt eine Liste konkreter Maßnahmen, die zur Erreichung dieses Ziels notwendig sind:

Fußverkehrsstrategie entwickeln und verabschieden
Der Rat der Stadt Köln sollte eine gesamtstädtische Bestandsaufnahme zum Fußverkehr beschließen, die sowohl die Schwachstellen als auch die Stärken / Qualitäten des Fußverkehrs in Köln analysiert. Es sollten Standards und Rahmenbedingungen für zukünftige Planungen festgelegt und konkret an Modell­projekten gearbeitet werden.
Möglicherweise ist es hilfreich, eine Fußverkehrsbeauftragte oder einen Fußver­kehrsbeauftragten für die Stadt Köln einzurichten.
Straßenquerschnitte von außen nach innen planen

Zukünftig sollten Straßenquerschnitte von außen nach innen geplant werden. Das bedeutet, dass zunächst die Bedürfnisse des Fußverkehrs festgelegt werden. Hierbei sollte die empfohlene Mindestbreite von Gehwegen von 2,20 m eingehalten werden, und wo möglich sollte zu Fuß Gehenden deutlich mehr Platz zugesprochen werden. Anschließend kann der Platzbedarf für den Rad- und motorisierten Verkehr ermittelt werden. D. h. der Fußverkehr bekommt nicht mehr die Restflächen zugesprochen, sondern der Platzbedarf für zu Fuß Gehende erhält die höchste Priorität.

Duldung von Falschparkern aufheben
Ab sofort soll das falsche Parken vom Ordnungsamt immer geahndet werden. Im gesamten Stadtgebiet parken Autos immer wieder in der zweiten Reihe und nehmen so dem Fußverkehr seinen Raum.

Künftig sind Autos, die andere Verkehrsteilnehmende behindern, konsequent abzuschleppen. Die Duldung des ordnungswidrigen Gehwegparkens ohne expli­zite Erlaubnis (Markierungen, Schild 315 StVO) wird damit aufgegeben.

Nahmobilität fördern

Die Förderung der Nahmobilität soll als eine der grundsätzlichen Leitlinien im Verkehrsentwicklungsplan in Anlehnung an die Sustainable Urban Mobility Plans ”(SUMP – erweiterte Verkehrsentwicklungspläne nach Europäischen Richtlinien http://www.eltis.org/mobility-plans) “ verabschiedet werden. Ziel ist es, wegzukommen von einer monomo­dalen“, einseitigen und ausschließlichen Nutzung der Autos hin zu multi- und intermodaler Nutzung verschiedener Verkehrsträger der Nahmobilität inkl. ÖPNV, Rad und CarSharing.

Umwege ausfindig machen und beseitigen

Zu Fuß Gehende müssen häufig unnötige Umwege in Kauf nehmen. Zum Beispiel müssen Bahnreisende sehr weit laufen, wenn sie von der Zülpicher Straße zum Gleis 1 des Bahnhofs Köln-Süd gelangen wollen. Hier ist schon seit Jahren ein Zugang geplant, der aber bisher nicht gebaut wurde. Große Straßen, wie der Clevische Ring auf der rechten Rheinseite, stellen häufig ein erhebliches Hinder­nis für zu Fuß Gehende dar. Die Querung erfordert Umwege von teilweise deutlich über 100 Metern. Solche Umwege sind für den Fußverkehr inakzeptabel und müssen möglichst schnell beseitigt werden.

Querungssituation verbessern

Der Fußverkehr braucht direkte Wege. Wird dies bei der Planung nicht beachtet, werden häufig gefährliche Abkürzungen gewählt. Fußgängerampeln zwingen zu Fuß Gehende dazu, die Straßen an bestimmten Stellen zu überqueren. Da das Umwege bedeuten kann, werden sie häufig nicht akzeptiert. Eine systematische Fußverkehrsförderung muss als Netzsystem gedacht sein und sinnvolle Alterna­tiven zu Ampeln anbieten, z. B. Zebrastreifen und Aufpflasterungen an Straßen, Einmündungen und Kreuzungen, die zu Fuß Gehenden gute Übersicht bieten wie sicheren Vortritt und sichere Sichtbeziehungen. Lineare Querungshilfen, wie eine durchgängige Mittelinsel, sichern das Über­schreiten der Fahrbahn und verringern optisch und funktional deren Trenn­wirkung. Haltestelleninseln der KVB auf der Fahrbahn, z. B. Barbarossaplatz, Eifelstraße, Arnulfsstraße, Sülzgürtel und Liebigstraße, sollten schnell und sicher erreicht werden können.

An Systemübergängen, also den Übergangen zwischen zwei Fortbewegungsar­ten, zeigt sich die Qualität der Gehwegeplanung besonders deutlich. So stehen insbesondere Fußverkehr und der öffentliche Verkehr in engem Zusammenhang, da Fahrgäste vor und nach der Reise als zu Fuß Gehende unterwegs sind.

Haltestellen des ÖPNV sind wichtige Quellen und Ziele von zu Fuß Gehenden und müssen in die Netzplanung für den Fußverkehr einbezogen werden. Auch der Weg zwischen Haustür und Haltestelle ist von zentraler Bedeutung. Heute ist es Standard, dem öffentlichen Verkehr an Kreuzungen Priorität einzuräumen.
Doch hilft das dem Fahrgast nur wenig, wenn er die Bahn knapp verpasst, weil die Fußgängerampel Rot zeigt. Wo es die lokalen Gegebenheiten ermöglichen, können Zebrastreifen oder eine entsprechend geschaltete Signalsteuerung Abhilfe schaffen und zu Fuß Gehenden den Zugang zur Mittelinsel ermöglichen, sobald eine Straßenbahn die Haltestelle erreicht.

Lichtsignalanlagen für den Fußverkehr optimieren

Lange Wartezeiten an Ampeln provozieren dazu, die Straße bei Rot zu überque­ren, was zu gefährlichen Situationen führt, und zu kurze Grünphasen sind vor allem für alte Menschen problematisch.

Mögliche Maßnahmen:

  • Kürzere Ampel-Rot- und längere Grünphasen

Für zu Fuß Gehende sollten kürzere Ampel-Rot-Phasen und längere Grünpha­sen eingeführt werden. Falls möglich, könnten Umlaufphasen (“Umlaufphasen“ sind die Zeitabstände zwischen den Rot- und Grünphasen einer Ampel) bei geringem Autoaufkommen abgebrochen werden. Die Grünphase für zu Fuß Gehende sollte mindestens 20 Sekunden betragen.
Wartezeiten von über 40 Sekunden mindern jedoch die Akzeptanz der zu Fuß Gehenden, auch wenn die gleiche Ampel eine ausreichende Freigabephase hat. Im Allgemeinen sollten Wartezeiten (Rot-Phasen) von über 30 und Grünphasen von unter 15 Sekunden vermieden werden.

  • Vermeidung geteilter Ampelphasen

Geteilte Ampelphasen (der MIV wird nicht in beiden Richtungen gleichzeitig angehalten) sind an vielen Kreuzungssituationen in Köln zu finden, beispielsweise am Barbarossaplatz. Geteilte Ampelphasen sind genauso fußgängerunfreundlich wie Wartezeiten über 30 und Grünphasen unter 15 Sekunden. Eine Straße sollte ohne Druck in einem Zug und in beide Richtungen überquert werden können.

  • Besondere Ampelschaltungen an Straßenbahnkreuzungen

Viele Bahnhaltestellen liegen in der Straßenraummitte. Fährt eine Bahn ein, so ergeben sich oftmals gefährliche Situationen, da viele zu Fuß Gehende noch schnell über Rot rennen, um die Straßenbahn zu erreichen. Diese Situationen können entschärft werden, wenn die zu Fuß Gehenden bei Straßenbahneinfahrt Grün erhalten.

Gehwegbreite mindestens zwei Meter

Der geringe Flächenbedarf und die Flexibilität der zu Fuß Gehenden war und ist bei der Planung oft ein Grund, dem Fußverkehr seinen Platz zu versagen und seinen Verkehrsraum zugunsten anderer Verkehrsmittel – MIV, Radverkehr – zu beschneiden. Erfreulicherweise gehen viele Gehwege in Köln von der baulichen Dimensionierung her zum Teil deutlich über die empfohlene Mindestbreite von 2,20 m hinaus. Allerdings gibt es auch viele Gehwege, bei denen das nicht der Fall ist. Auf vielen Gehwegen, auf denen Gehwegparken angeordnet ist, verstellen Autos einen Großteil der Bürgersteige, so dass Fußverkehr, Aufenthalt und Kinderspiel behindert werden. Sind in diesen Bereichen zusätzlich Lichtmasten oder Fahrradständer platziert oder Mülltonnen in den Weg gestellt oder sind die Randbereiche uneben, haben zu Fuß Gehende Schwierigkeiten, die Wege über­haupt zu benutzen.
Für die Gehwegbreiten sollte deshalb überall das Mindestmaß eingehalten wer­den. Das Parken auf den Gehwegen sollte der Vergangenheit angehören. Ist es aufgrund der speziellen Kölner Straßenenge nicht möglich, für zu Fuß Gehende ausreichend Raum zu schaffen, sollten Maßnahmen getroffen werden, dass die zu Fuß Gehenden sich sicher auf der Straße fortbewegen können. Gerade in Vierteln wie Ehrenfeld, Deutz und der Innenstadt, die sich durch ihre Enge auszeichnen, könnte flächendeckend eine lokale Kölsche Lösung mit Begegnungs- und / oder Shared-Space-Zonen etabliert werden.

Schrittweises Abschaffen des Parkens am Straßenrand

Ähnlich wie in Kopenhagen könnten jährlich eine vereinbarte Menge an Park­plätzen verschwinden und den zu Fuß Gehenden und Radfahrern zur Verfügung gestellt bzw. als öffentlicher Raum und für Kurz- und Lieferparkzonen gestaltet werden. Zudem sollte das Parken am Straßenrand deutlich verteuert werden.

Einrichtung von Shared Space-Zonen

In Shared-Space-Zonen teilen sich alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt den gemeinsamen Verkehrsraum. Alle Verkehrsteilnehmer müssen gleichermaßen aufeinander Rücksicht nehmen. Die Beschilderung wird auf ein Mindestmaß beschränkt und die Geschwindigkeit aller ist angepasst auf höchstens 20 km/h.
Möglicherweise können dabei in Köln mit seinen engen Straßen Kompromisse gemacht werden, um möglichst vielen Verkehrsträgern zu ihrem Recht zu verhel­fen. So könnte zunächst übergangsweise das Parken in bestimmten Abschnitten erlaubt sein.

Gewonnene Flächen für Freiräume bzw. zu Fuß Gehende bereitstellen

Der durch die Verringerung der Verkehrsflächen (z. B. Fahrstreifen oder Park­plätze) gewonnene Raum soll dafür genutzt werden, die Aufenthaltsqualität in der Stadt zu verbessern. Ehemalige Radwege“, z. B. an der Lindenstraße, ”Weinsbergstraße und Dürenerstraße, an denen die Radwegbenutzungspflicht aufgehoben wurde, sind heute sogenannte Sonstige Radwege“ und dürfen” noch von Fahrrädern benutzt werden. Je nach Breite und Benutzungsfrequenz des Radweges können künftig diese Wege ausschließlich dem Fußverkehr zur Verfügung gestellt werden. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass sich dem Radfahrenden auch auf der Fahrbahn für schwächere Verkehrsteilnehmende (Rad- oder Schutzfahrbahn) ein hohes Sicherheitsgefühl bietet. Eine andere Mög­lichkeit ist, den gewonnenen Platz behutsam für Außengastronomie zu nutzen.

Autofreie Aktionstage: Sensibilisierung erreichen

Köln sollte regelmäßig autofreie Aktionstage wie den Tag des guten Lebens: ”Kölner Sonntag der Nachhaltigkeit“ durchführen. Diese autofreien Tage sollten in verschiedenen Teilen der Stadt und vor allem auch in der Innenstadt stattfinden. Hierdurch können die Menschen erleben, was es bedeutet, wenn die Autos aus dem Stadtbild verschwinden. Der gewonnene Raum ermöglicht die Entfaltung des Lebens in der Öffentlichkeit und stimuliert die nachbarschaftliche Kommu­nikation. Durch diese Erfahrung wird vielen Menschen erst bewusst, wie lebens­freundlich die Stadt eigentlich sein kann.

Partizipation von Bürgern

Für bestimmte Plätze können Gruppen gefördert werden, die den öffentlichen Raum, möglicherweise auch nur temporär, produktiv nutzen. In diesem Zusam­menhang könnten beispielsweise Vereine im Bereich des „Urban Gardening“ angesprochen werden. Auch Künstlern, Stadtraumgestaltern, Jugendlichen, Kindern oder Familien würde potentiell mehr Raum zur Nutzung und Gestaltung zur Verfügung stehen.

Gestaltung von Räumen

Die Aufenthaltsqualität soll verbessert werden, indem mehr Parks, mehr Spiel­straßen und frei gestaltete Räume zur Begegnung für multimodale Nutzungen zur Verfügung gestellt werden. Folgende Maßnahmen können als erstes dazu beitragen:

  • Verschönerung des öffentlichen Raums durch gezielte Pflanzungen von Bäumen sowie Aufstellen von Bänken und Sitzgelegenheiten;
  • Partizipation der AnwohnerInnen und BürgerInnen bei der Gestaltung von Flächen, gerade im Nachbarschaftsbereich;
  • Verlangsamung des Verkehrs, gerade in der Innenstadt. Nicht die schnelle Durchschreitung des Raums, sondern die bewusste Wahrnehmung steht im Mittelpunkt: schlendern, verweilen, anhalten, ausruhen und in Ruhe betrach­ten. Durch die Verlangsamung vor allem des Autoverkehrs wird auch das Unfallrisiko für alle Verkehrsteilnehmer gesenkt;
  • Einrichtung temporärer Fußgängerzonen am Wochenende (wie beispielsweise schon auf der Kitschburger Straße), um mehr Erholungsraum und Sicherheit für Familien zu schaffen;
  • Grundsätzliche Überlegungen, welches Bild die Stadt Köln langfristig abgeben soll (siehe z. B. Leitbild Mobilität der Agora Köln und Nahmobilität 2.0 der AGFS);
  • Herstellung und Schutz von Ruhezonen;
  • Förderung überdachter Plätze in Parks, die zum Teil mit Stromanschlüssen ausgestattet werden, um als Ladestation für e-bikes oder als Arbeitsraum genutzt werden zu können– z. B. an der bereits bestehende Mini-Bibliothek im Stadtgarten.
Gemischte Fuß- und Radwege vermeiden

Der Geschwindigkeitsunterschied zwischen zu Fuß Gehenden und Radfahrern macht das Gehen auf gemischten Geh- und Radwegen nicht attraktiv für zu Fuß Gehende. Gerade schutzbedürftige jüngere oder ältere Menschen werden durch schnell vorbeifahrende Radfahrer verunsichert. Die dadurch erhöhte Unfallgefahr vor allem an längeren geraden Strecken kann durch eine Trennung von Geh- und Radweg vermindert werden. Radwege könnten auf die Straße verlegt werden, so dass die Mindestbreite von Gehwegen eingehalten wird.

Radstellplätze von Gehwegen entfernen

Da Radstellplätze nur wenig Platz brauchen, werden sie oft auf den Gehwegen untergebracht, was zu Fuß Gehenden behindert. Hier kann schon die Umwidmung eines Autostellplatzes zu einem Radstellplatz Abhilfe schaffen.

Vorbilder zum Handlungsfeld Fußverkehr

Fußverkehrsstrategie Berlin

Ein gelungenes Beispiel für die Förderung des Fußverkehrs findet sich in der Berliner Fußverkehrsstrategie. Das Besondere daran ist, dass die Bereiche Kommunikation, Service und Infrastruktur als gleichwertige Bestandteile des Fußverkehrs betrachtet und gefördert werden. Die ganzheitliche Herangehens­weise an das System Fußverkehr ist sehr wichtig und soll langfristig an seinen Verkehrsanteil (Modal-Split-Anteil) angepasst werden. Die Erhöhung der Ver­kehrssicherheit von zu Fuß Gehenden ist ein weiterer Schwerpunkt des Konzepts. Hierfür ist vorgesehen, wichtige Fußverbindungen barrierefrei zu gestalten, fußgängerfreundliche Signale / Schilder an Querungsstellen zu verwenden, Gehwegen freizuhalten, Verstöße konsequent zu ahnden und noch vieles mehr.

Neugestaltung Severinstraße

Ein gutes Beispiel für die Förderung des Nahverkehrs durch technische Maß­nahmen findet sich bereits in Köln. Die Severinstraße in der Südstadt ist seit 2001 von den Baumaßnahmen der Nord-Süd-Stadtbahn betroffen. Hier kam einiges zusammen: Zunächst verwandelte der U-Bahn-Bau die Straße für viele Jahre in eine Großbaustelle und beeinträchtigte sowohl das Leben im Veedel als auch Verkehr und Einzelhandel immens, dann folgten die Groteske des schiefen Kirchturms von St. Baptist und der Stadtarchiveinsturz.
Neue Impulse sollten die Severinstraße in ihrer Funktion als Lebensort für viele Menschen und auch als Einkaufsstraße wiederbeleben. Bereits 2002 erarbei­teten die Stadt Köln sowie die interessierte Bürgerschaft des Vringsveedels ein gemeinsames Konzept zur Neugestaltung. Grundidee war die Konzentration von Parkplätzen und Stadtmöblierung (Sitzgelegenheiten etc.) auf eine Straßenseite und eine konsequent lineare Aufteilung. So wirkt die Straße als verbindendes Element des Veedels. 10.000 Quadratmeter Fahrbahn und Gehweg wurden neu gebaut. Die Fahrbahn wurde auf eine Breite von vier Metern herabgesetzt und im Gegenzug die Bürgersteige auf fünf Meter Breite erweitert. Es entstand eine ebene Fläche ohne Niveauunterschied, was mobilitätseingeschränkten Menschen zugute kommt, aber auch eine vielfältige Straßennutzung ermöglicht. Das wiede­rum fördert bei allen Verkehrsteilnehmenden die gegenseitige Rücksichtnahme und die Kommunikation via Blickkontakt. Auf der parkfreien Seite wurden mehr als 260 speziell gestaltete und herausnehmbare Poller eingesetzt, die der Ver­kehrsberuhigung dienen, Falschparken verhindern und als Sitzgelegenheiten genutzt werden können. Außerdem wurden eine neue Straßenbeleuchtung installiert, die den Bürgersteig besser ausleuchtet, ein Blindenleitsystem sowie 40 neue Sinkkästen zur Entwässerung. Die Severinstraße ist inzwischen als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich ausgewiesen – mit Tempo 30 und Misch­verkehr. Ein gelungenes Beispiel für die menschenfreundliche Umgestaltung einer Hauptverkehrsstraße in unserer Stadt.

AGFS/NRW-Leitbild zur Nahmobilität

Für die AGFS ist das Zufußgehen eine selbstständige Verkehrsart, die als Basis ”jeder Mobilität einen eigenen Verkehrsraum braucht, der aufgrund der hohen sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Bedeutung des Zufußgehens unbedingt barrierefrei, adäquat dimensioniert und attraktiv gestaltet sein muss.“ 11 Dieses Leitbild sollte in jeder städtischen Planung als oberste Priorität als Muss-Bestimmung integriert und umgesetzt werden.

 

1 Kommentare

  1. Sonja Helms sagt

    Ich bin so dankbar, dass das Thema endlich erkannt wird. Die Venloer Straße wird ja immer beliebter, auch hinter dem Gürtel- nur leider nicht sicherer für Fußgänger. So teilt sich der ursprüngliche Fußgängerweg in Radweg und Außengastronomie und natürlich Fahrradständer, Mülleimer und Parkscheinautomaten. Das finde ich sehr diskriminierend und suche inzwischen immer mehr Umwege, um sicherer durch die Stadt zu kommen. Eine Verlegung des Radwegs auf die Straße, wie auf der Venloer Straße vom Ring bis zum Gürtel wäre sicher schon eine erste Hilfe. Danke

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