Fast schon wie eine Szene aus dem neuesten Apokalypse-Blockbuster wirkte die Neusser Straße im Agnesviertel am Sonntag, 04.09.2022: Mit Hängematten auf den Verkehrsinseln und Kaffekränzchen auf der Kreuzung holten sich die Menschen die Straße wieder zurück und schnupperten für einen Tag an der autofreien Utopie. Die Initiative „Veedelsfreiraum“ hatte die Freiraumdemo unter dem Motto “Freiraum Neusser Straße” organisiert.
Den Sonntagsspaziergang von der Balthasarstraße bis zum Neusser Wall erlebten Anwohner:innen an diesem Tag wohl sehr anders. An die Stelle von Hupen und dem Rauschen der vierspurigen Neusser Straße traten wohltuende Jazzklänge, zu denen der Verein „Swinging Pool Cologne“ Tanzkurse auf dem Mittelstreifen anbot. Neben diesem Live-Musikprogramm gab es Bierbänke und Hängematten zum Verweilen, Roller, Inliner und Co., mit denen die Kinder energetisch über die Straße flitzten, vor der Tonne gerettete Backwaren von Food for Future und eben jede Menge Platz.
Wie absurd groß der Raum ist, den wir Autos geben, die im Schnitt eine Person für 45 Minuten am Tag befördern und sonst 23 Stunden ungenutzt auf der Stelle stehen, wurde auf der vielbefahrenen Kreuzung vor der Agneskirche besonders deutlich. Und vor allem gab die lockere, gelöste Stimmung einen Eindruck davon, wie frei wir uns ohne Autos fühlen können.
Auf einem Flipchart konnten Besucher:innen ihr Empfinden auf der Neusser Straße festhalten: Wie gern hältst du dich auf der Neusser Straße auf? Welche Verbesserungsvorschläge hast du für die Verkehrssituation? Dass das Thema auch durch die Köpfe der Besucher:innen wandert, konnte man den zahlreichen Ideen entnehmen.
Auch die Initiative „Veedelsfreiraum“ möchte, dass sich hier was ändert. Sie fordern eine menschen- und klimagerechte Stadt. In ihrem Veedel setzen sie sich konkret dafür ein, dass der Durchgangsverkehr auf der Neusser Straße gesperrt wird. Mit der Freiraumdemo möchte die Initiative ein Zeichen setzen und einen Perspektivwechsel ermöglichen: Straßen sind auch Orte der Gemeinschaft und Begegnung. Dazu ist ihnen der Austausch mit den Nachbar:innen besonders wichtig.
Die Resonanz auf diesen ersten Schritt der Freiraumdemo war sehr positiv und macht Lust auf mehr. Das Projekt wurde von der Agora im Projekt „Das gute Leben in den Veedeln“ gefördert. Mehr zur Initiative: https://veedelsfreiraum.de/
Selber aktiv werden – aber wie?
Nachbarschaftlicher Einsatz lohnt sich. Damit dieser noch einfacher wird, haben wir für euch Anleitungen gesammelt – im „Das gute Leben in den Veedeln“-Werkzeugkoffer. Hier könnt ihr auch genaue Schritte nachlesen, wenn ihr ebenfalls eine Freiraumdemo veranstalten möchtet. Ihr findet ihn online auf http://wiki.agorakoeln.de.
Fotos: J. Gauß & D. Dübbers